Kurs im Winnender EDV-Übungsraum 1997

75 Jahre VHS Winnenden, Teil 9 der Artikelserie


Das Computerzeitalter beginnt und die Raumprobleme bleiben

Spurensuche von Christel Ludwig (Leiterin der VHS 1985 -2010)

Angekommen
Das VHS-Geschehen bis zum Umzug in die Räume des alten Rathauses 1988 nimmt den größten Teil meiner Spurensuche ein. War in der Aufbauphase der Volkshochschulen häufig Individualität augenfällig, so wird ab Mitte der 80er Jahre in vielen Bereichen Vereinheitlichung angestrebt. Vergleichbare Angebote, abgestimmte Lehrpläne und Lehrmaterialien sowie gemeinsame Standards werden auf Landes- und Bundesebene erarbeitet. Die Stärke der Volkshochschulen als Flächenangebot wird in den Fokus gerückt, ohne die Individualität vor Ort zu mindern. 
Beim 50jährigen Bestehen konnte in Winnenden ein „Vollprogramm“ ausgewiesen werden, alle Fachbereiche wurden bedient. Weiterbildungsmöglichkeiten für Lehrende und VHS-Mitarbeiterinnen wurden vor Ort, landes- und bundesweit genutzt. Das alles zeigte Wirkung. Die VHS in Winnenden entwickelte sich von Jahr zu Jahr weiter. Sie war im Verbund der Volkshochschulen anerkannt und durch ihre Leiterin im Vorstand des VHS Verbands Baden-Württemberg vertreten. 
Natürlich gab es nicht nur heiter Sonnenschein: Das Geld war immer knapp. Jedes MEHR an Unterrichtseinheiten bedeutete eigentlich ein MEHR an Zuschussbedarf. Der Gemeinnützigkeit verpflichtet waren die Gebühren sozialverträglich. Die gut ausgebauten Bereiche Sprachen und Gesundheit waren die Grundlage für eine gute Mischkalkulation. Dennoch, die Träger waren immer wieder gefordert nachzubessern, zumal das Land nicht sehr freigiebig war. Durch das Lehrermodell waren uns zwar die Ausbaumöglichkeiten erst gegeben, aber schon bald - die Lehrerschwemme währte kurz - wurde es schwieriger, noch Stellen über das Modell - also subventioniert - zu besetzen. Spätestens 2000 wurde auch der Ruf nach geeigneten Räumen wieder lauter. Was hätten wir alles tun können, wenn…! Wie kostengünstiger hätten wir arbeiten können, hätten wir…! Welche einnahmeträchtigen Bereiche hätten wir bedient, wären geeignete Räume vorhanden!

Der Personal Computer hält Einzug
Als ich 1985 antrat, stand ein Commodore 64 auf meinem Schreibtisch: 8-Bit-Heimcomputer mit 64 KB Arbeitsspeicher! Das Programm war von meinem Vorgänger selbst gestrickt. 1993 hielt der PC auf allen Schreibtischen der Verwaltung der VHS Einzug. Endlich gab es ausgereifte Verwaltungsprogramme für Volkshochschulen. Von nun an musste alle paar Jahre in neue Programme und Ausstattung investiert werden. Die Entwicklung ging in Riesenschritten voran.

Pionierzeit
Dank einiger engagierter Lehrer gab es seit Mitte der 80er Jahre VHS Kurse in den Fachräumen ihrer jeweiligen Schule. Das VHS-Angebot war bis in die Mitte der 90er Jahre eher zufällig, nämlich abhängig von den Schulausstattungen und den Kenntnissen, die die Unterrichtenden mitbrachten. Als 1997 Markus Menrath zur VHS stieß, war das ein Glücksfall. Als engagierter „Fachberater EDV“ stand er der Leiterin zur Seite. Noch herrschte Pioniergeist. Ein „Word Handbuch“, das auch in unseren Nachbarvolkshochschulen reißend Absatz fand, zeugte von dem Einsatz und Engagement der Winnender EDV-lerInnen. Verlage waren noch nicht so weit. Der Bereich boomte. Bald konnte ein gut strukturiertes Angebot gemacht werden. Prüfungen konnten abgelegt, Zertifikate erworben werden.
Im Frühjahr 1998 ging der VHS EDV-Raum in der Oberen Sackgasse in Betrieb. Markus Menrath hatte ihn für vielfältige Nutzung eingerichtet. Der Raum wurde von früh bis spät, an Wochenenden und während der Ferien genutzt. Interne Fortbildungen fanden statt und „Firmenkurse“ - gut für die Finanzen der VHS - wurden angeboten. Im Herbst 2003 fanden die letzten Kurse im VHS EDV-Raum statt. Die Ausstattung hätte erneuert werden müssen. Die Stadt hatte inzwischen einen eigenen EDV-Raum für ihre internen Fortbildungen eingerichtet und bot der VHS die Mitnutzung an. Eine finanziell sinnvolle Lösung für beide. Die Pionierzeit war zu Ende. Jetzt musste gesichert werden.


Aus zehn Fachbereichen werden fünf Abteilungen
Der Deutsche Volkshochschulverband hat eine neue Einteilung beschlossen. Auch in Winnenden wird ab Herbst 1998 das Programm nicht mehr in zehn Fachbereichen, sondern in fünf Abteilungen angeboten: 
1.    Politik – Gesellschaft – Umwelt
2.    Kultur – Gestalten
3.    Gesundheit
4.    Sprachen
5.    Arbeit – Beruf 

Abteilung 5: Arbeit - Beruf 
Zum Herbstsemester 1999 konnte eine Teilzeitstelle für die Abteilung eingerichtet werden, die ja weit mehr als nur das Stoffgebiet EDV beinhaltet. Anneliese Gruber leitete den Bereich bis Sommer 2006. Zum Herbst 2007 konnte die Stelle wieder besetzt werden. Daniela Hinteregger-Braun übernahm die vielfältige Aufgabe für ein Jahr, danach leitete Christina Heymann-Staab sehr effizient und erfolgreich die Abteilung Arbeit-Beruf. Sie strukturierte die Angebote zeitgemäß und zielgerichtet und baute die Zusammenarbeit mit den Nachbarvolkshochschulen aus.

Abteilung 4: Sprachen
Mitte der 70er Jahre grünte wieder ein zartes Pflänzchen „Sprachen“ nach mehr als einem Jahrzehnt der Dürre. Ab Mitte der 80er Jahre ging es rasant aufwärts. Inzwischen ist die Abteilung ein Grundpfeiler der VHS Winnenden. Die Dozentenschar der VHS Winnenden im Sprachenbereich ist groß, international und sehr engagiert. 
1988 übernahm Walter Erhardt den Bereich, ihm folgte 1993 Christa Bidier, die die Abteilung strukturierte. 1998 leitete Ursula Müller für drei Jahre die Abteilung 4. Deutsch- und Integrationsangebote mussten ausgebaut werden. Alle drei kamen über das sogg. Lehrermodell an die VHS. Für maximal fünf Jahre waren Lehrer freigestellt, in der Erwachsenenbildung zur arbeiten, „um Erfahrungen für Leitungsaufgaben an Schulen zu sammeln“. 
Seit dem Frühjahr 2002 bis zu ihrem Ruhestand im letzten Jahr war dann Elke Adolf, aus unserer „VHS Familie“ stammend, für das Wohl und Wehe der Abteilung Sprachen erfolgreich zuständig.
Zwei sangesfreudige Dozentinnen Chris Edlich und Ann Schultze, unterstützt von Dr. Martin Edlich an der Gitarre, brachten Interessierten neben ihrer Muttersprache die britische Kultur näher. „British Folk Songs“ war von Beginn an ein „Renner“ und füllte Semester für Semester den Storchenkeller. 1989 stieß Walter Erhardt mit der Gitarre dazu. Walter Erhardt betreibt mit geändertem Konzept bis heute erfolgreich den „vhs-folk Club“. 

Abteilung 3: Gesundheit 
Die Gesundheitsbildung an der VHS Winnenden erfreute sich seit jeher großer Nachfrage. In vielen Angebotsbereichen konnte der Nachfrage aus Mangel an geeigneten Unterrichtsräumen nicht entsprochen werden, seien es Küchen oder Gymnastikräume. Die Dozentinnen und Dozenten nahmen Fortbildungsangebote rege in Anspruch. Früh hatten die Volkshochschulen Standards und Qualitätskriterien festgelegt. Der ganzheitliche Ansatz, die Offenheit auch für alternative Wege sollten helfen, sich kundig zu machen, um eigenverantwortlich die eigene Gesundheit zu fördern. Die mehrfach von AOK, TSV und Volkshochschule durchgeführten „Gesundheitstage“ bezeugen, wie auch das Kaffeeservice, das Herbert Winter namens des TSV der VHS Winnenden zum Einzug ins alte Rathaus überreicht hat, die gute Nachbarschaft von Sportvereinen und VHS in Winnenden.

Verstärkung in Abteilung 1 und 2
Ebenfalls über das Lehrermodell kam Renate Wöhrle zur VHS. Ab Herbst 1989 übernahm sie Teile der Abteilung 1 und 2. In knapp vierzehn Jahren hat Renate Wöhrle viele Spuren hinterlassen. Den Bereich Gestalten hat sie qualitätsvoll breit gefächert aufgestellt, Traditionelles gepflegt und Modernes gefördert. Die Bereiche Länderkunde, Naturwissenschaft und Umwelt, hat sie mit Gespür für Bewährtes ausgebaut, ohne dabei die Zeichen der Zeit zu missachten. Sie verstand es, die Kernbereiche ihrer Fachgebiete zu pflegen und jedes Semester spannende neue Angebote oder Themen aufzugreifen. Ganz besonders gut angenommen wurden die von ihr ausgebauten Betriebsbesichtigungen. Qualität war ihr ein großes Anliegen, was man auch an den von ihr konzipierten und organisierten Ausstellungen gespürt hat. 
Als ich 2004 die Bereiche wieder übernehmen musste - die Stelle wurde nicht wieder besetzt -, lag ein bestens bestelltes Feld vor mir. Allerdings konnten weder die Vielzahl arbeitsintensiver Ausstellungen noch die große Anzahl der zeitfressenden Betriebsführungen fortgeführt werden. Auch fehlten die Impulse, mit denen Renate Wöhrle das Programmangebot bereichert hatte.

Das Übrige
Neben der Abteilung 3 Gesundheit war die Leiterin in der Abteilung 1 für die Bereiche Politik, Geschichte, Soziologie, Recht, Pädagogik, Psychologie, Philosophie und in der Abteilung 2 für Literatur, Theater, Musik, Kunst, Kunstgeschichte zuständig sowie für übergreifende Projekte. Seit 2004 dann auch wieder für die Bereiche, die s.o. Renate Wöhrle betreut hatte. 2006 bis 2007 musste sie zudem in der Abteilung 5 Arbeit-Beruf einspringen. Back to the roots – die Leiterin betreute die gleichen Bereiche wie 1988! Allerdings war die VHS inzwischen „etwas“ gewachsen. Diese schwierige Zeit wäre nicht ohne große Einbrüche zu überstehen gewesen ohne ein engagiertes Team, das kurz vor meinem Ausscheiden verstärkt wurde. So hatte ich die große Freude, den Generationswechsel vorzubereiten und die „jungen Leute auf die Spur zu bringen“. 
Auf eine offizielle Abschiedsfeier habe ich bewußt verzichtet. Meine engsten Weggefährten und die „Neuen“ konnte ich privat in den Kunstkeller einladen. (danke SWN für den Raum, an dem so viele schöne wort+ton Erinnerungen hängen). Gerne hätte ich das auch mit den vielen Dozenten und Referentinnen getan, meine finanziellen Möglichkeiten aber haben das verhindert. Die Dankbarkeit ist geblieben, wie die vielen Spuren, die sich in 25 er- und gefüllten Jahren gesammelt haben. Spuren, die den Raum dieser Reihe sprengen würden, die mit dem nächsten Artikel schließt.
 


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