75 Jahre VHS Winnenden - Teil 7 der Artikelserie


Neustart in den 1980er Jahren

Von Christel Ludwig (ehem. Spitzenberger, Leiterin der VHS 1985 -2010)

„Die Volkshochschulen sind heute als Zentren der freiwilligen Weiterbildung und des kulturellen Angebots für die Bevölkerung nicht mehr wegzudenken, sie gehören zur Infrastruktur jeder Gemeinde, schreibt 1986 die Direktorin des Volkshochschulverbandes Baden-Württemberg Renate Krausnick-Horst in einem Aufsatz zu „40 Jahre Volkshochschulen in B-W“. Zuversichtlich blickt sie in die Zukunft „der Bedarf an beruflicher und privater Weiterbildung nähme zu […], auch sei der Ausbau der Volkshochschulen weder im Hinblick auf Finanzen, Personal und eigene Räume […] noch im Hinblick auf die Strukturierung des Angebotes abgeschlossen“. 
Besser kann man die Situation der VHS Winnenden zu Beginn der 80er Jahre nicht beschreiben: Die Basis wird gesichert, es gibt Hoffnung und es gibt viel zu tun!

Neue Strukturen, neues Personal: Neustart
In der Kürze ihres Bleibens konnten meine Vorgänger nur wenige Spuren hinterlassen. Hans-Joachim Löher hat das Programmangebot in Anlehnung an die Vorgaben des Deutschen Volkshochschulverbandes strukturiert. Für nahezu zwanzig Jahre wird das Programm nun in zehn Fachbereichen angeboten:
1.    Gesellschaft/Politik
2.    Pädagogik/Psychologie
3.    Kunst/Literatur
4.    Naturkunde/Wissenschaft
5.    Berufliche Weiterbildung 
6.    Bürotechnik
7.    Sprachen
8.    Kreatives Gestalten
9.    Hauswirtschaft
10.    Gesundheit
Fächerübergreifende Angebote (Studienreisen, Schulabschlüsse…)

Die ersten EDV-Kurse finden wir im ersten Programm von Heiner Gelhausen. Und bald zieren „Winni & Ändy“ die VHS Hefte. Mir wurde berichtet, die Comic-Figuren von Wolfgang Koksch lösten ein heftiges Für und Wider unter der „VHS Familie“ aus, den Lehrenden, wie den Hörenden. Gelhausen änderte die Verteilung des Programmes, Schüler und Schülerinnen sollten alle Haushalte bedienen. Das klappte nicht auf Anhieb exakt, doch hatte die erhöhte Auflage, 17.500 statt 6.500, eine erhöhte Anmeldezahl zur Folge. Von da an bekommen über Jahre hin alle Haushalte in Winnenden, Leutenbach, Schwaikheim und Berglen das Volkshochschulprogramm frei Haus.

Im Herbst 1984 hatte Alt-OB Hermann Schwab den Vorstandsvorsitz an BM Paul Hug übergeben. In der Geschäftsstelle gab es 1985 einen kompletten personellen Neuanfang: Die Verwaltungsmitarbeiterinnen Cornelia Mall und Manuela Mutter waren mit dem Leiter gegangen. Als ich im Oktober 1985 meinen Dienst in der „Baracke“ antrat, empfing mich Ingeborg Kieber, die als Verwaltungsmitarbeiterin ihre Arbeit (50%) immerhin schon im Frühsommer aufgenommen hatte. Als „alte“ Winnenderin und ehemalige Schulsekretärin konnte sie mir gute Hilfestellung zum Einstieg geben. Über zwanzig Jahre war sie mir eine verlässliche, engagierte Kollegin. Allgemein beliebt, gehörte Frau Kieber zur DNA der VHS Winnenden. Bald konnte auch die zweite Verwaltungsstelle mit Christine Szönyi (100%) besetzt werden. Eine Powerfrau, gerade die Richtige für einen Aufbruch. Als sie nach fünf Jahren aus Winnenden „weggeheiratet“ wurde, fiel uns allen der Abschied schwer. 
Dass der Neustart gelang, ist vielen Dozentinnen und Dozenten zu verdanken. Bereits in der VHS engagierte Lehrende begrüßten offen die Neulinge und unterstützten sie nach Kräften, viele von ihnen blieben der VHS Winnenden über Jahre hin aktiv verbunden. Winni & Ändy wurden allerdings verabschiedet. 

Fundament wird gelegt
„Die Stadt stopft das Loch im defizitären VHS-Etat“, so berichtet Jörg Nolle in der Winnender Zeitung am 5.9.1986. „Wir sind angetreten“, so wird OB Lebherz zitiert „die Probleme zu lösen, Probleme, die keineswegs auf Mißwirtschaft der Vergangenheit beruhten“. Erfolgreich hatte sich der Vorsitzende, Paul Hug, dafür eingesetzt, „dass ‚die VHS ihren Bildungsauftrag auf einem gesicherten finanziellen Fundament nachgehen kann“. Bisher sei sie, so wird Hug zitiert, „noch ein Stiefkind […] gewesen, was die räumliche und personelle Ausstattung angeht“.
Hausmeister, die nicht immer ganz stillen Helfer

Großen Anteil am Gelingen der VHS Arbeit hat eine Gruppe, die selten erwähnt wird: die Hausmeister. Im Frühjahrsprogramm sind 19 Unterrichtsorte, später waren es noch mehr, ausgeschrieben. Die VHS kann noch so tolle Leute an Land ziehen, die Veranstaltung muss auch vor Ort klappen. Dankbar denke ich an die vielen stillen Helfer, denen wir auch oft viel zugemutet haben. Immer wieder musste ich bei Teilnehmenden und Lehrenden um Verständnis bitten, wenn wieder einmal ein Hausmeister weit nach 22 Uhr zum letzten Mittel gegriffen hatte und der, über die geplante Zeit hinaus eifrig diskutierenden Gruppe, das Licht abdrehte. Er musste am nächsten Morgen in aller Frühe wieder parat sein, zumal im Winter, wenn Räumdienst anstand. 

Herr, schmeiß Hirn ´ra!
Die Auftaktveranstaltung im Frühjahrsemester 1986 bestritt der frischgebackene Thaddäus-Troll-Preisträger Dr. Gerhard Raff im proppenvollen Storchenkeller. Für ihn stand der Vortrag, der wegen großer Nachfrage wiederholt werden musste, am Beginn seiner „Benefiz-Schwätzer-Karriere“ (O-Ton Raff). Er sollte noch oft zu Gast in der VHS Winnenden sein.

Der Jakobsweg
Wie Gerhard Raff, war ein zweiter Decker-Hauff-Schüler zu Gast in dem Programm: Manfred Hartmann. Er brachte das Thema „Jakobsweg“ nach Winnenden als Hape Kerkeling noch in den Kinderschuhen steckte. 

Kooperationen
Bereits in diesem Programm zeigt sich, was in den folgenden Jahren ausgebaut werden sollte: die Kooperationen. Winnenden hatte eine Bürgerschaft, die vielfältig engagiert war. Firmen und Einrichtungen fühlten sich dem Gemeinwesen verbunden. Und so konnte das VHS Programm durch Zusammenarbeit vielfältig bereichert werden.

40 Jahre VHS Winnenden
Eine bestens besuchte Veranstaltung im Storchenkeller mit dem „studio gesprochenes wort“ war ein kleiner Hinweis auf den Geburtstag. Thema war „Verbrannte Literatur“. Gefeiert werden sollte später in eigenen VHS Räumen! 

Erinnerung ohne Anspruch auf Vollständigkeit
Ein Blick in das erste Programm, das vom neuen Team für das Frühjahrssemester 1986 den Weg gebracht wurde, zeigt, dass die meisten der darin aufgeführten Lehrenden der VHS Winnenden über Jahre hin treu blieben. 

Hier ein paar Namen, die noch oft auftauchen sollten: Dr. Gerhard Raff, er hatte im Herbst 1985 gerade den Thaddäus Troll Preis bekommen; Prof. Dr. Hartmut Wasser, nach langer Pause las er wieder in Winnenden; Manfred Hartmann, der vom spanischen König für das „Wiederentdecken“ des Jakobsweges Geehrte, lenkte auch in Winnenden das Augenmerk auf „unseren“ Jakobsweg. 
Pfarrer Hans-Georg Schmidt, Anstaltsleiter und Vorstand, Direktor Dietrich Martin, Leiter des Bildungswerkes und Werner Krohmer, Leiter des Kinderdorfes und der Leiter der Werkstatt für Behinderte, Hermann Witzig, sprachen an der VHS über die Paulinenpflege. In Zusammenarbeit mit dem Psychiatrischen Landeskrankenhaus gab es Vorträge mit Dr. Martin Müller und Dr. Joachim Flügel.
Gerd Wahl von der Volksbank leitete ein Computer-Börsenspiel. 
Weitere Namen: Ingrid Munk, Ingeborg Niepage, Das Theater der Dichtung, Gustav Neumahr, Claudia und Gert Schlüter, Ilse Rauschenberger, Eva Schwanitz, Roland Braun, Winfried Maier-Revoredo, Harald Orner, Hans-Dieter Baumgärtner, Fritz Frasch, Peter Voigt, Dr. Lutz Plasa, Eugen Bückle, Dr. Wolfgang Bauer, Edith Herzeg, Ellen B. Bürow, Günther Nägele.
Sprachkurse gaben Bruno Läpple, Hildegard Natterer, Maureen Fuchs, Daniela Dittkrist, Christine Edlich, Waltraud Rewsin, Ursula Baumgärtner, Bärbel Gelhausen, Judith Ann Schulze, Gabriele Dutschak, Eckart Alt, Marcelle Schmidt, Dr. Gertrud Bierwag, Maria-Jesus Klaus, Elizabeth Sánchez de Klamann.
Kreativ gestaltend und musisch unterwegs waren: Jürgen Faust und Iso Wagner, Arne Leihberg, Peter Niederer, Renate Mildner-Müller, Wolfgang Koksch, Michael Schützenberger, Anneliese Gruber, Bruno Läpple, Irene Walder, Helene Kux, Silvia Rommel, Hans Kässer, Corda Marwede, Anne Horn, Heide Häußermann, Erika Hobirk, Renate Neugebauer, Maria Schulz, Claudia Schönberger, Dagmar Mergenthaler.
Um Haushalt und Gesundheit bemühten sich: Wolfgang Häfele, Inge Kamm, Liselotte Begritsch, Marga A. Durst, Marianne Widmaier, Ursula Läpple, Cornelia Mall, Ingeborg Menzel, Kunikunde Ermer, Ella Brust, Wolfgang Gayer, Karin Schumacher, Renate Neuerer, Renate Orner, Helgrid Buschmann, Sieglinde Veit, Irmtraud Weinert-Bähr, Karin Föll, Ingrid Wöhrle. 

Foto: Winnie und Ändy, Comic-Figuren der VHS Winnenden


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